Sägepalme Haarausfall Fazit: Sägepalme ist nicht wirksam bei der Behandlung von Haarausfall, denn Sägepalme hemmt DHT nicht in ausreichendem Maße. Die Behauptung, dass Sägepalme Haarausfall stoppt, lässt sich anhand der Studien nicht erhärten.
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Forschung/Wissenschaft
Sägepalme, auch bekannt als Serenoa Repens, wird im Internet seit mehreren Jahren als wirksames Mittel gegen Haarausfall angepriesen. Angeblich beruht seine Wirkung auf der Verringerung der DHT-Menge (Dihydrotestosteron). Eine Eigenschaft, die es mit dem Anti-Haarausfall-Medikament Finasterid teilt. In diesem Artikel wollen wir eine unvoreingenommene Analyse der Wirksamkeit von Sägepalme als Mittel gegen Haarausfall vornehmen.
Eine Studie, die oft als Beweis für die Wirksamkeit von Sägepalme bei Haarausfall angeführt wird, stammt aus dem Jahr 1984[¹], es handelt sich um eine Laborstudie, bei der extrem hohe Dosen von Sägepalme verwendet wurden, so dass die Ergebnisse praktisch irrelevant sind. Denn eine so hohe Konzentration wie in der Studie ist im menschlichen Körper quasi unmöglich herbeizuführen.
Haarausfall – Sägepalme und DHT
Wenn Du wissen willst, ob ein Produkt den Haarausfall stoppt, musst Du seine Fähigkeit messen DHT zu reduzieren. DHT steht für Dihydrotestosteron, ein männliches Androgen, das in erster Linie für erblich bedingten Haarausfall verantwortlich ist.[²] Es entsteht aus der Wechselwirkung zwischen Testosteron und dem Enzym 5-Alpha-Reduktase.
Haarfollikel, die mit DHT in Berührung kommen, werden geschädigt und verlieren mit der Zeit ihre Fähigkeit, dichtes und langes Haar zu bilden. Dieser Prozess dauert mehrere Jahre, führt aber letztendlich zu androgenetischer Alopezie oder männlichem Haarausfall.
Finasterid, ein Medikament gegen Haarausfall, stoppt diesen Prozess, da es die DHT-Menge um etwa 70 % reduziert, indem es das Enzym 5-Alpha-Reduktase hemmt, so dass weniger Testosteron in DHT umgewandelt wird.
Sägepalme senkt DHT angeblich ähnlich wie Finasterid, da beide das selbe Enzym hemmen. Im Internet wird Sägepalme oft als natürliche Alternative zu Finasterid empfohlen.
Wir schauen uns an ob diese Behauptung bei näherer Betrachtung bestand hat.
Sägepalme als 5-Alpha-Reduktase-Hemmer
Dass Sägepalme die 5-alpha-Reduktase hemmt, wurde in mehreren Studien bestätigt: [⁵] [⁶] [⁷] Dieses Enzym besteht aus den Typen I, II und III. Finasterid hemmt die 5α-Reduktase-Isoenzyme II und III, während Sägepalme die Isoenzyme I und II hemmt. Um den Haarausfall zu stoppen, ist die Hemmung des Enzymtyps II am wichtigsten. Sägepalme hemmt das entsprechende Enzym zwar ebenfalls, jedoch ist die Hemmung durch Finasterid 18.000 Mal stärker als diejenige durch Sägepalme, insbesondere in Bezug auf das Enzym Typ II.
Sägepalme und Finasterid in vitro
Eine oft zitierte Studie ist eine 2005 veröffentlichte Forschungsarbeit, in der die 5-Reduktase-Aktivität von Finasterid und Permixon® in Prostatakrebszellen verglichen wurde. Sägepalme (10 ug/ml) hemmte die Aktivitäten beider Isoenzyme in ähnlichem Maße (5aR-I, 72 % Rückgang; 5aR-II, 76 % Rückgang). Obwohl finasteride (5 nM) im Vergleich zu Sägepalme eine ähnliche hemmende Wirkung auf 5R-II hatte (83 % Rückgang), hatte es bei der verwendeten Konzentration keinen Einfluss auf die 5R-I-Aktivität der Zellen.
Auf den ersten Blick scheinen Finasterid und Sägepalme ähnlich wirksam zu sein, da die Reduktionen um 76 % bzw. 83 % fast identisch sind. Diese Gleichheit ändert sich jedoch, wenn man berücksichtigt, dass 5 nM Finasterid 0,00186 µg/ml Finasterid entsprechen. In der Studie wurde daher 10 µg/ml Sägepalme mit 0,00186 µg/ml Finasterid verglichen, was einem Verhältnis von 5376:1 entspricht. Anders ausgedrückt, in dieser Studie war 1 mg Finasterid genauso wirksam wie 5376 mg Sägepalme.
Aber: Diese Studie wurde in vitro durchgeführt! Das heißt, eine Studie, die in einem Labor durchgeführt wurde. Eine im Labor wirksame Dosis entspricht selten einer in einem lebenden Organismus wirksamen Dosis… Eine Dosis, die beim Menschen wirksam ist.
Sägepalme und Finasterid im Vergleich in vivo
Eine anschauliche Studie von 1994 verglich die Wirkung von Sägepalme und Finasterid sowohl im Labor (in vitro) als auch an lebenden Organismen (in vivo). Die Labortests zeigten, dass 1 mg Finasterid genauso wirksam war wie 5600 mg Sägepalme, was einem Verhältnis von 1:5600 entspricht und nahezu identisch mit dem Verhältnis aus einer vorherigen Studie (1:5376) ist[⁸].
Im zweiten Teil der Studie wurde dieses Verhältnis an lebenden Ratten getestet. Hier zeigte sich, dass eine Dosis von 0,1 mg Finasterid wirksam war. Unter der Annahme, dass das Verhältnis von 1:5600 aus den Labortests auch für lebende Organismen gilt, würde eine theoretische Dosis von 560 mg Sägepalme (0,1 x 5600) erwartet.
Allerdings war 0,1 mg Finasterid ausreichend, während selbst eine Dosis von 1800 mg Sägepalme völlig unwirksam war. Das Verhältnis zu Finasterid betrug hier mindestens 1:18.000. Dieses höhere Verhältnis im Vergleich zu den Labortests lässt sich darauf zurückführen, dass Finasterid und Sägepalme unterschiedlich vom Körper aufgenommen, metabolisiert und im Gewebe verteilt werden.
Warum Ergebnisse aus Laborstudien nicht mit realen Bedingungen übereinstimmen?
In Labortests wird Sägepalme direkt in die Zellen injiziert, wodurch Faktoren wie Bioverfügbarkeit und Absorptionsrate keine Rolle spielen. Das ändert sich jedoch, wenn die Substanz oral, also durch den Mund, von Lebewesen wie Ratten oder Menschen aufgenommen wird, wie die zuvor erwähnte Studie gezeigt hat.
Im Vergleich dazu wird Finasterid sowohl besser als auch schneller vom Körper aufgenommen. Sägepalme zeigt geringen praktischen Nutzen bei der Reduzierung von DHT, da dafür eine Tagesdosis von 18.000 mg erforderlich ist. Das entspricht dem Verzehr von 50 Kapseln mit 360 mg Sägepalme.
Es ist wichtig zu beachten, dass dies das absolute Minimum ist, da selbst ein Verhältnis von 1:18.000 nicht ausreichend war. Die einzige Studie, die die Wirksamkeit von Sägepalme bei der Senkung von DHT beim Menschen untersuchte, zeigte keine Wirkung. In dieser Studie reduzierte eine 5 mg-Dosis Finasterid den DHT-Serumspiegel innerhalb von nur 12 Stunden um 65 %, während eine 320 mg-Dosis Permixon (ein Sägepalmen-Extrakt) keine Wirkung zeigte.
Schlussfolgerung: Sägepalme Haarausfall
Die Anwendung von Sägepalme zur Behandlung von Haarausfall hat sich als wenig wirksam erwiesen. Obwohl Laborstudien eine gewisse Wirkung gezeigt haben, sind die extrem hohen Dosen, die dafür verwendet wurden, aus praktischer Sicht kaum relevant.
In Anbetracht dieser Erkenntnisse gelangen wir zu dem Schluss, dass die Behauptungen über die Wirksamkeit von Sägepalme gegen Haarausfall als ungültig und unbegründet betrachtet werden können. Es scheint, dass solche Aussagen primär als taktisches Mittel dienen, um den Verkauf und Umsatz von Nahrungsergänzungsmitteln zu fördern.
Es gibt keine ausreichenden Beweise für die Wirksamkeit von Sägepalme bei männlichem Haarausfall.
Quellen
- Sultan C, Terraza A, Devillier C, Carilla E, Briley M, Loire C, Descomps B. Inhibition of androgen metabolism and binding by a liposterolic extract of “Serenoa repens B” in human foreskin fibroblasts. Journal of steroid biochemistry. 1984 Jan 1;20(1):515-9.
- Ellis JA, Sinclair R, Harrap SB. Androgenetic alopecia: pathogenesis and potential for therapy. Expert reviews in molecular medicine. 2002 Nov;4(22):1-1.
- Libecco JF, Bergfeld WF. Finasteride in the treatment of alopecia. Expert Opinion on Pharmacotherapy. 2004 Apr 1;5(4):933-40.
- Novara G, Giannarini G, Alcaraz A, Cózar-Olmo JM, Descazeaud A, Montorsi F, Ficarra V. Efficacy and safety of hexanic lipidosterolic extract of Serenoa repens (Permixon) in the treatment of lower urinary tract symptoms due to benign prostatic hyperplasia: systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. European urology focus. 2016 Dec 1;2(5):553-61.
- Rossi, A., Mari, E., Scarno, M., Garelli, V., Maxia, C., Scali, E., Iorio, A., & Carlesimo, M. (2012). Comparitive effectiveness of finasteride vs Serenoa repens in male androgenetic alopecia: a two-year study. International journal of immunopathology and pharmacology, 25(4), 1167–1173.
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- Murugusundram S. Serenoa Repens: Does it have any role in the management of androgenetic alopecia? J Cutan Aesthet Surg 2009; 2(1):31-2.
- Habib FK, Ross M, KH Ho C, Lyons V, Chapman K. Serenoa repens (Permixon®) inhibits the 5α‐reductase activity of human prostate cancer cell lines without interfering with PSA expression. International journal of cancer. 2005 Mar 20;114(2):190-4.
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- Strauch G, Perles P, Vergult G, Gabriel M, Gibelin B, Cummings S, Malbecq W, Malice MP. Comparison of finasteride (Proscar®) and Serenoa repens (Permixon®) in the inhibition of 5-alpha reductase in healthy male volunteers. European urology. 1994;26:247-52.
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- Carilla E, Briley M, Fauran F, Sultan C, Duvilliers C. Binding of Permixon, a new treatment for prostatic benign hyperplasia, to the cytosolic androgen receptor in the rat prostate. Journal of steroid biochemistry. 1984 Jan 1;20(1):521-3. https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/6200701/